Düsseldorf (dv). Lebensbeichte“ klingt zu harmlos. Was der Mann vor der Polizei zu erzählen hatte, lässt in Abgründe blicken. Der 46-jährige Familienvater hat gestanden, in den vergangenen 20 Jahren zahlreiche Sexualdelikte in Deutschland, den Niederlanden und Belgien begangen zu haben. 1000 Verfehlungen! Mal nicht so dramatisch, mal sehr schlimm, mal waren es brutale Vergewaltigungen – mindestens 20.
Gemeinsam mit der Staatsanwaltschaft Düsseldorf legte die Polizei jetzt Einzelheiten zur Anklage gegen einen der mutmaßlich schlimmsten Sexualverbrecher Deutschlands vor. Laut Staatsanwaltschaft hat der Schlosser aus Ahrweiler gestanden, neun Vergewaltigungen in Deutschland und elf in Belgien begangen zu haben. Dabei war er jeweils maskiert in Wohnungen oder Büros eingebrochen und hatte Frauen überfallen.
In den mehr als 900 übrigen Fällen will er mit der «Mitleidsmasche» Frauen dazu gebracht haben, ihn sexuell zu befriedigen. «Er hat sich als Behinderter ohne Arme ausgegeben», sagte Staatsanwalt Johannes Mocken. «Er hat nach eigenen Angaben eine Vielzahl von Frauen dazu gebracht, ihn zu befriedigen.» Da dies freiwillig geschehen sei, seien diese Taten auch nicht strafbar.
Gestörtes Verhältnis zu Frauen
«Das hat er gewusst, er hat sich deshalb in seinen Vernehmungen auch damit gebrüstet», sagte Freuen. Die Aussagen des Mannes habe man auf 590 Seiten zusammengefasst. Der zweifache Familienvater habe angegeben, er selbst habe als Legastheniker eine Lese- und Schreibschwäche und fühle sich deshalb zurückgesetzt. Er habe es beruflich im Leben nicht weit gebracht, Frauen würden ohnehin ständig bevorzugt. Er habe es sich deshalb zum Ziel gesetzt, sich vor allem hochintelligente Frauen zu unterwerfen. «Als Opfer hat er deshalb vor allem Studentinnen oder Ärztinnen ausgewählt», sagte Freuen.
Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf hat Anklage in neun Fällen erhoben. Dabei handelt es sich jeweils um Vergewaltigungen, die der Mann in Aachen, Krefeld, Bonn, Köln und Düsseldorf begangen hat. Alle neun Taten hat er gestanden. Eingeräumt hat er ebenfalls elf weitere Vergewaltigungen in Belgien. Ob er im Anschluss an den Prozess in Deutschland noch nach Belgien ausgeliefert wird, ist offen.
Mit „XY“ identifiziert
Die Krefelder Polizei hatte auch mit Hilfe von „Aktenzeichen XY… ungelöst“ nach dem Mann gefahndet – mit Erfolg. Den entscheidenden Hinweis lieferte gleich nach der Sendung ein Polizist aus dem belgischen Eupen. Er erinnerte sich daran, dass er vor einigen Jahren wegen eines Diebstahls gegen einen Mann ermittelt hatte, der eine ähnliche Mitleidsmasche wie der Gesuchte benutzt hatte – und kannte seine Personalien. Als Opfer den Mann daraufhin auf Fotos wiedererkannten, erwirkte die belgische Polizei einen Europäischen Haftbefehl.
Sowohl die Familie des Mannes als auch Freunde, Arbeitskollegen oder Bekannte hatten von dem Doppelleben nichts geahnt. «Er hat 20 Jahre lang mit niemandem über seine Taten gesprochen», sagte Mocken. «Wir gehen davon aus, dass er nahezu seine gesamte Freizeit dazu genutzt hat, um teilweise Hunderte Kilometer durch die Gegend zu fahren und nach potenziellen Opfern zu suchen. Der Fall ist sehr außergewöhnlich, wenn nicht gar einmalig.»
Bei einer Verurteilung drohen dem mutmaßlichen Serienvergewaltiger bis zu 15 Jahre Haft und Sicherungsverwahrung. Der Prozess soll noch in diesem Jahr beginnen.
21.07.2010 dv
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