Hannover/Dresden (dpa). Die Online-Datingplattform «Lovoo» hat nach Recherchen der Fachzeitschrift «c’t» möglicherweise in großem Stil gefälschte weibliche Profile eingesetzt, das Unternehmen weist die Vorwürfe zurück. Von angelockten Nutzern sollen zeitweise rund 5.000 Euro täglich für bezahlpflichtige, aber vergebliche Kontaktversuche geflossen sein, berichtet die Zeitschrift. Eine Lovoo Sprecherin erklärte, die Anschuldigungen «beruhen auf zweifelhaften Dokumenten und Daten, die dem Magazin anonym zugespielt» worden seien.
Nach Angaben der «c’t» bekam die Redaktion unaufgefordert Dateien von einem anonymen Tippgeber, darunter angebliche E-Mails der Führungsriege der Plattform. Man habe «bislang keinerlei Hinweise auf eine Manipulation» der mehr als 50 Gigabyte Daten entdeckt, erklärt das Magazin.
Gegenseitige Vorwürfe
Stattdessen gebe es Hinweise auch im Programmcode, dass Benutzerprofile mit Fotos von Lovoo-Nutzern aus anderen Ländern sowie aus anderen Dating-Portalen erstellt worden seien und mittels Skripten wie echte Profile agiert hätten, schrieb «c’t». Einfache Profiltexte sollen aus gefundenen Textvorlagen automatisiert zusammengestellt worden sein. Eine E-Mail von Juni 2013 erwecke zudem den Eindruck, dass die Aktion unter dem Namen «Tu Gutes» möglicherweise auch mit Beteiligung der Geschäftsführung erfolgt sei.
Die Redaktion habe nach Abschluss der Recherche die Unternehmensführung mit konkreten Fragen konfrontiert und auch auszugsweise belastendes Material vorgelegt, schreibt die «c’t». Lovoo habe nicht konkret zu den Fragen Stellung genommen. Lovoo erklärte dagegen, dass das Unternehmen «mehrfach angeboten» habe, «die entstandenen Fragen des Magazins in einem Pressegespräch zu beantworten» und warf den Autoren mangelnde journalistische Sorgfalt vor. Die «c’t» weist dies zurück und betont, dass eine ausdrückliche Frage nach der Echtheit der Unterlagen nicht beantwortet worden sei.
Wohl nicht der erste Fall von «Fake-Profilen»
Kurz nach Ende der Recherche wurde der «c’t» zufolge damit begonnen, «Profile in erheblichem Umfang von der Plattform zu entfernen». Seit dem 12. September hätten die Testpersonen von «c’t» plötzlich jeweils «mehr als die Hälfte ihres Lovoo-Bekanntenkreises verloren». Nach Angaben des Dresdner Unternehmens gibt es mehr als 30 Millionen Nutzer der App. Sie wird für die Plattformen Android und iOS angeboten.
Erst vor wenigen Wochen geriet das Seitensprungportal Ashley Madison nach einem Hackerangriff auch noch wegen eines sehr ähnlichen Vorwurfs in die Kritik. Dem Technologie-Blog «Gizmodo» zufolge sollen dort mehr als 70.000 weibliche Fake-Profile männlichen Nutzern gefälschte Nachrichten geschickt haben, um die Seite attraktiv zu machen und sie zu kostenpflichtigen Antworten zu animieren. Ashley-Madison-Chef Noel Biderman trat wenig später zurück.
Foto: Peter Freitag/pixelio.de
19.09.2015 Ta