Weit über 37 Millionen Liter Schmieröl im Wert von rund 52 Millionen Euro zweckwidrig und unversteuert als Dieselkraftstoff an Gewerbekunden und über Tankstellen an Endverbraucher im Bundesgebiet verkauft worden sein sollen, durchsuchten vergangene Woche rund 230 Zollfahnderinnen und Zollfahnder im Auftrag der Staatsanwaltschaft Hof bundesweit an 32 Standorten Wohn- und Geschäftsräume.
Nach monatelangen, verdeckt geführten Ermittlungen des Zollfahndungsamts München wurden zudem sechs Haftbefehle gegen Mitglieder von Gruppierungen vollstreckt, die im Verdacht stehen im großen Stil steuerfreies Schmieröl aus Osteuropa an ein in Oberfranken ansässiges Unternehmen geliefert zu haben. Das Öl wurde dann als steuerpflichtiger Dieselkraftstoff über eigene Tanklastwagen an eine Vielzahl von Empfängern im Bundesgebiet abgegeben. Daneben wird der oberfränkische Unternehmer verdächtigt, den unversteuerten Dieselkraftstoff über firmeneigene Tankstellen im Landkreis Hof und im Vogtlandkreis an Endverbraucher verkauft zu haben. Gegen diesen wurde ebenfalls Haftbefehl erlassen.
Gepanschter Kraftstoff
Die Ermittler gehen davon aus, dass mindestens seit Anfang 2023 täglich der Inhalt von bis zu 16 Tanklastwagen zu Dieselkraftstoff umdeklariertes Schmieröl in die Tanklager des oberfränkischen Unternehmens abgepumpt worden sein könnten. Für insgesamt mindestens 1.230 Tanklastwagen mit je durchschnittlich 30.000 Litern Inhalt könnte die Energiesteuer hinterzogen worden sein. Als Lieferanten bzw. Rechnungssteller des Schmieröls traten mitunter Firmen aus Hamburg, Amberg und Falkensee, überwiegend jedoch aus Berlin in Erscheinung.
Der vorläufige Steuerschaden (Energiesteuer) wird auf rund 18 Millionen Euro geschätzt. Die Steuerfahndungsstellen der Finanzämter Bayreuth, Berlin, Potsdam und Braunschweig ermitteln zudem wegen Verdachts der Hinterziehung der Umsatzsteuer. Der hierbei vorläufig geschätzte Schaden könnte bei zusätzlich rund 3,6 Millionen Euro liegen.
Jede Menge Tankwagen beschlagnahmt
Am Durchsuchungstag stellten die Ermittlerinnen und Ermittler des Zolls umfangreiches Beweismaterial sicher – Geschäftsunterlagen, schriftliche Aufzeichnungen, Notebooks, Tablett-PCs, Handys und über 30.000 Euro Bargeld, aber auch 12.500 Euro Falschgeld.
Im Rahmen der Vermögensabschöpfung bzw. zur Sicherung der hinterzogenen Steuern haben die Kräfte zudem 15 Tankfahrzeuge unterschiedlicher Größen, 6 Lastkraftwagen, 6 Anhänger und 10 Personenkraftwagen beschlagnahmt beziehungsweise gesichert. Der Wert eines noch im Nachhinein gepfändeten Tanklastwagens wird auf knapp 400.000 Euro geschätzt.
Tatverdächtiger entsorgt verräterische Papiere im Flugzeug
An sieben Tankstellen wurden die Dieselzapfsäulen gesperrt, auf dem Firmengelände der Inhalt der Lagertanks durch Verplombung gesichert. Beim Vollzug der Beschlüsse kam es zu bemerkenswerten Vorfällen: Während der laufenden Maßnahmen befanden sich fünf mit Dieselkraftstoff beladene polnische Tanklastwagen auf dem unmittelbaren Weg zum Firmengelände. Kurz davor stoppten Zollfahnder die Transporte und stellten die rund 150.000 Liter umfassenden fünf Transporte sicher. Man geht davon aus, dass Frachtpapiere und Gefahrgutwarntafeln unterwegs bereits auf Dieselkraftstoff «umgemünzt» worden sein könnten. Alle fünf Tanklastwagen sind auf Anordnung der Staatsanwaltschaft Hof sichergestellt und Proben zum Inhalt entnommen worden. Gegen die Kraftfahrer wurde noch vor Ort ein Steuerstrafverfahren wegen Verdachts der Steuerhinterziehung eingeleitet.
Ein während des laufenden Einsatzes im Flugzeug mit Anflug auf Frankfurt am Main reisender Beschuldigter hatte mutmaßlich von den laufenden Razzien erfahren. Vermutlich hat er über die Bordtoilette, den Mülleimer der Bordküche und Taschen der umliegenden Sitze versucht, schriftliche Aufzeichnungen zu entsorgen. Nach Landung und Vollzug des gegen ihn gerichteten Haftbefehls suchten Frankfurter Zollfahnder die Bereiche ab, die der Beschuldigte während des Flugs aufgesucht hatte. Der Inhalt des infrage kommenden Mülleimers wurde dabei gesichert.
(Quelle: STA Hof / ZFA München)
Fotos: Zoll
19.11.24 wel