München (dpa). Der ADAC wirft der Autoindustrie vor, die Fahrzeuge zu wenig vor einer Tachomanipulation zu schützen. Jeder dritte Gebrauchtwagen in Deutschland ist nach Schätzungen des Automobilclubs mit einem gefälschten Kilometerstand unterwegs. Viele Autos seien schon ab Werk für solch einen Betrug «vorbereitet», kritisierte der Automobilclub heute bei der Präsentation einer gemeinsamen Studie mit der Universität Magdeburg.
Der Verband der Automobilindustrie (VDA) wies die Vorwürfe zurück und sprach von einem Wettlauf mit den Hackern und den Entwicklern der Geräte zur Manipulation. Nach Angaben des ADAC entsteht aufgrund der Tachomanipulation jährlich ein Schaden von sechs Milliarden Euro. Dieser entsteht den Käufern unter dem Strich dadurch, dass sie für ein gebrauchtes Auto einen unangemessen höheren Preis zahlen.
Wissenschaftler der Arbeitsgruppe «Multimedia and Security» der Uni Magdeburg untersuchten die Fahrzeugelektronik dreier gängiger deutscher Autos. Sie entdeckten mangelhaft geschützte Softwarefunktionen, die von Betrügern später genutzt werden. «Tacho-Trickser» könnten mit frei erhältlichen Manipulationsgeräten den Kilometerstand eines Autos einfach und schnell verändern.
Technik teilweise bereits eingebaut
«Im Fokus sind bei uns heute auch die Hersteller, die das Thema kennen, an dem Thema arbeiten, aber den Verbrauchern noch keine schlüssige Lösung angeboten haben», sagte Thomas Burkhardt, ADAC-Vizepräsident für Technik, in München. Aktuelle Sicherheitstechniken seien teils schon in Steuergeräten der neuesten Fahrzeuge vorhanden, aber nicht aktiviert. Dabei würde die Umstellung nach Schätzungen nur ein Euro pro Fahrzeug kosten – bei einem geschätzten Schaden von 3.000 Euro pro manipuliertem Fahrzeug.
Der VDA betonte dagegen, die Maßnahmen gegen Manipulation des Kilometerstandes würden kontinuierlich verbessert. Die Hersteller arbeiteten eng mit der Polizei, dem Bundeskriminalamt und den Landeskriminalämtern zusammen. Ulrich Eichhorn, Geschäftsführer Technik und Umwelt des VDA, sagte der Nachrichtenagentur dpa: «Wir müssen sorgfältig entwickeln. Wir haben es mit erheblicher krimineller Energie zu tun.» Gänzlich verhindern werde man den Betrug auch künftig nicht.
Bundesverfassungsgericht ohne Handhabe
Der ADAC geht – vor allem auf Grundlage eines Verfahrens gegen rund 100 Beschuldigte in München – davon aus, dass 30 Prozent aller Gebrauchtwagen manipuliert sind. Eichhorn schätzt die Zahl auf maximal zehn Prozent.
Einig sind sich ADAC und Hersteller, dass Tachobetrug lückenlos verfolgt und bestraft werden muss. Die Geräte zur Manipulation der Kilometerstände müssten verboten werden, forderte Eichhorn. Das Bundesverfassungsgericht hat sich mit der Frage befasst, aber keine Handhabe gesehen. Die Geräte erlaubten auch ein Auslesen von Fehlern und die Korrektur des Tachos auf den richtigen Wert, zitierte Ulrich May, Leiter der juristischen Zentrale des ADAC, die Argumentation aus Karlsruhe. Tachobetrug ist laut May überhaupt erst seit 2005 strafbar. Das Strafmaß liegt bei maximal einem Jahr Haft.
28.10.2013 Ta