Potsdam (dpa/bb). Fast 60.000 Anrufe beim Polizei-Notruf 110 in Brandenburg sind im vergangenen Jahr ins Leere gegangen. Das geht aus einer Antwort des Innenministeriums auf eine Anfrage der CDU-Fraktion im Brandenburgischen Landtag hervor. «Damit musste mehr als jeder achte Anrufer den Notruf abbrechen, weil die Polizei nicht schnell genug erreichbar war», kritisierte der innenpolitische Sprecher der CDU, Bernd Lakenmacher. Das Innenministerium widersprach der Darstellung.
Ministeriumssprecher Ingo Decker machte bei den vergeblichen Anrufen eine andere Rechnung auf. «Mehr als ein Drittel dieser Anrufer legte bereits nach dem ersten Rufzeichen, also innerhalb von weniger als fünf Sekunden wieder auf», erklärte Decker. In anderen Fällen handele es sich um Mehrfachanrufer, die aus unterschiedlichen Gründen auflegten und anschießend wieder anriefen. Die durchschnittliche Wartezeit betrage 13 Sekunden. «Weniger als etwa zehn Prozent der Anrufer müssen länger als 30 Sekunden warten», erklärte Decker.
«Menschen in Notsituationen müssen sich darauf verlassen können, dass die Polizei erreichbar ist» sagte hingegen CDU-Innenexperte Lakenmacher. Aus seiner Sicht gibt es beim Notruf einen Engpass, der durch den Stellenabbau im Rahmen der Polizeistrukturreform der Landesregierung entstanden sei. Auch dem widerspricht das Innenministerium: «Den Sockel von rund 60.000 vergeblichen Anrufen und mehr hatten wir auch in den Jahren vor der Reform 2011», sagte Deckers.
Nicht schnell genug vor Ort
Nach Ministeriumsangaben sind in den Leitstellen Potsdam und Frankfurt (Oder) rund um die Uhr 15 Bedienstete für den Notruf eingesetzt. «Das sind für mehr als 2,4 Millionen Brandenburger viel zu wenig», betonte Lakenmacher. Laut Innenministerium wurde allerdings bereits die Zahl der insgesamt eingesetzten Notrufbearbeiter von 45 auf 49 erhöht.
Auch die Zeit, bis die Polizei nach dem Notruf eintrifft, wird nach Angaben des CDU-Landtagsabgeordneten immer länger. Von 2011 auf 2012 habe sich die Einsatz-Reaktionszeit um knapp zweieinhalb auf 26 Minuten und 47 Sekunden ausgedehnt. In Nordrhein-Westfalen sei die Polizei hingegen in knapp einer Viertelstunde zur Stelle.
Feuerwehr steht besser da
Der stellvertretende Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Lutz Thierfelder, kritisierte ebenfalls eine mangelhafte Besetzung der Leitstellen. Im Interview mit dem Radiosender 104.6 RTL warnte er gleichzeitig davor, Beamte von der Straße abzuziehen: «Fragen Sie mal auf dem Dorf nach, wann die dort den letzten Streifenwagen gesehen haben.»
Deutlich schneller geht es übrigens bei der Feuerwehr: Bei der Notrufnummer 112 sei bereits nach sechs Sekunden ein Mitarbeiter der Regionalleitstellen Lausitz, Nordost und Nordwest am Apparat. Von den Leitstellen Brandenburg und Oderland gab es dazu keine Angaben. Dabei stieg die Zahl der Anrufe bei der Feuerwehr dem Bericht zufolge seit dem Jahr 2010 kontinuierlich um mehr als 62.000 auf gut 576.000.
Foto: Polizeipressestelle Rhein-Erft-Kreis
10.10.2013 Ta