Münster (dapd/dv). Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, sieht die Anonymität des Internets kritisch. «Die Anonymität des Internets ist eine Verlockung, Hemmungen aufzugeben. Sie verleitet dazu, dem destruktiven Potenzial, das in uns allen steckt, völlig freien Lauf zu lassen», sagte Schneider, der auch Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland ist, der «Münsterschen Zeitung». Er sprach sich für unterschiedliche Modelle im Umgang mit Klarnamen im Internet aus.
Das Problem mit den Kunstfiguren“
Für Schneider haben die Lynchaufrufe gegen den Jugendlichen, der in Emden fälschlich im Mordfall der elfjährigen Lena verdächtigt wurde, das Problem aufgezeigt. «Ich bin auch überzeugt, dass öffentliche Diskussionen im Netz eine andere Qualität bekämen, wenn wir es mit wirklichen Menschen inklusive Klarnamen und nicht nur mit Pseudonymen und Kunstfiguren zu tun hätten», sagte Schneider.
Andererseits erkenne er, dass es Angebote wie Selbsthilfeportale gäbe, die Anonymität voraussetzten. Für unterschiedliche Angebote im Internet müsse es daher verschiedene Modelle geben.
«An Skandalen oder dem, was wir dafür halten, an Empörungszyklen und raschen Schuldzuweisungen leiden wir keinen Mangel», monierte Schneider in seiner Osterbotschaft. «Leicht erregbar scheint unsere Gesellschaft zu sein – kaum wird ein Skandal gewittert, entflammt das Entrüstungsfeuer.» Über soziale Netzwerke verbreite sich Empörung in Minutenschnelle. «Viel zu viele schließen sich ohne Überprüfung oder Nachdenken an.»
09.04.2012 dv
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