Thema Vorratsdatenspeicherung. Was ist denn momentan der Status Quo?
Telekommunikationsunternehmen sind nach geltendem Recht dazu verpflichtet, alle Daten nach Ende der Verbindung unverzüglich löschen. Nur Daten, die zu Abrechnungszwecken benötigt werden, dürfen gespeichert werden.
Was will die Europäische Union?
Mit ihrer im Februar 2006 verabschiedeten Richtlinie über die Vorratsdatenspeicherung will die EU die verschiedenen Regelungen in ihren Mitgliedsländern vereinheitlichen. In den meisten Ländern bedeutet das eine Ausweitung der Vorratsdatenspeicherung, so auch in Deutschland. In erster Linie sollen Verkehrs- und Standortdaten gespeichert werden. Inhalte von Telefonaten oder E-Mails sollen dagegen nicht aufbewahrt werden.
Was wollte die große Koalition?
Ein von der CDU/SPD-Bundesregierung im November 2007 verabschiedetes Gesetz schuf weitreichende Möglichkeiten zur Speicherung von Telekommunikationsdaten. Demnach mussten ohne Verdacht Telefonnummern, Uhrzeit und Dauer der Gespräche, die Standorte von Telefonnutzern sowie Verbindungsdaten bei der Internetnutzung für sechs Monate gespeichert werden. Im März 2010 kippte das Bundesverfassungsgericht das Gesetz, weil die Richter das vom Grundgesetz geschützte Fernmeldegeheimnis verletzt sahen.
Was hat das Bundesverfassungsgericht genau entschieden?
Mit ihrer Entscheidung vom März 2010 erklärten die Karlsruher Richter nicht nur das Gesetz für unwirksam, sondern ordneten zudem eine unverzügliche Löschung aller bis dahin gesammelten Verbindungsdaten von Telefonkunden und Internetnutzern an. Allerdings erklärten die Richter auch, dass die Vorratsdatenspeicherung nicht schlechthin verfassungswidrig sei. Nötig sei ein völlig neues Gesetz. Dafür machte das Verfassungsgericht strenge Auflagen.
Was strebt die Bundesjustizministerin jetzt an?
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) plädiert dafür, im sogenannten Quick-Freeze-Verfahren nur noch im Einzelfall Daten zu speichern. Bei einem konkreten Tatverdacht sollen die Daten vor einem routinemäßigen Löschen bewahrt werden. Grundlage soll eine Anordnung von Polizei und Staatsanwaltschaft sein. Um auf die gespeicherten Informationen zugreifen zu können, würde jedoch ein Richterbeschluss benötigt. Nach Willen von Leutheusser-Schnarrenberger sollen die Daten nur für einen relativ kurzen Zeitraum gespeichert werden. Zudem soll eine siebentägige Sicherung von IP-Daten eine «Identitätsfeststellung» von Besuchern von Internetseiten ermöglichen.
Was will die Union?
Die Union strebt eine weiterreichendere Lösung zur Vorratsdatenspeicherung an. Die Vorgaben der EU gelten als Mindestmaß. Das sogenannte Quick-Freeze-Verfahren wird von vielen Unionspolitikern mit der Begründung abgelehnt, dass es nicht den Anforderungen der EU genüge. Auch das Bundesinnenministerium dringt auf eine möglichst weitreichende Lösung.
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29.12.2011 dv