Erfurt (dapd-lth). Nach einem halben Jahr Aufklärung kommt auf die Mitglieder des NSU-Untersuchungsausschusses des Landtages erneut eine riesige Welle Arbeit zu. Seit Anfang Juli habe das Gremium eine große Menge Akten erhalten, sagte Ausschussvorsitzende, Dorothea Marx (SPD), der Nachrichtenagentur dapd. Das seien die Anfänge eines Akten-Tsunamis“. Daher sei mit Innenminister Jörg Geibert (CDU) beraten worden, wie die Aktenflut handhabbarer gemacht werden könne.
Zugleich monierte Marx, dass die Ausklärungsarbeit bereits ein halbes Jahr im Verzug sei. „Wir hätten vieles gerne schon eher gehabt.“ Weiter kündigte sie an, dass in den kommenden Monaten noch zahlreiche Zeugen vernommen werden sollen.
Nachtarbeit ist angesagt
Dem Ausschuss lägen bislang zwischen 1.200 und 1.300 Aktenordner mit Dokumenten vor. Diese würden anders als von Kritikern behauptet, auch sorgfältig gelesen, sagte sie. Wegen der Sicherheitseinstufungen der Papiere könnten sie jedoch vielfach nur in speziellen Landtagsräumen eingesehen werden. Das sei zeitlich nicht immer einfach. „Wir müssen sehen, dass wir unsere normale Abgeordnetentätigkeit in der Nacht machen und die Ausschussarbeit in den Tag bekommen.“
Mit Blick auf die bisherige Arbeit des Gremiums zeigte sich Marx zufrieden. „Wir haben schon sehr viele Dinge herausbekommen, vor allem zu den historischen Umständen, die zur Entstehung der NSU beigetragen haben“, sagte sie. In den 1990er Jahren seien rechtsradikale Tendenzen im Land verharmlos worden und es habe ein Chaos bei den Sicherheitsbehörden gegeben.
Rücktrittsforderung war Einzelaktion
Ihre Forderung nach einem Rücktritt von Innenminister Geibert verteidigte Marx als eine weder mit ihrer Partei noch mit anderen Ausschuss-Mitgliedern abgesprochene Einzelaktion. „Damals ist mir persönlich einfach der Geduldsfaden gerissen ist.“ Sie habe sich darüber geärgert, dass Akten zu lange nicht an den Ausschuss überstellt worden seien. Über den dafür Verantwortlichen stehe als Letztverantwortlicher der Innenminister.
Mit Blick auf die weitere Arbeit sagte sie, mit der Vorladung von noch mindestens 50 Personen zu rechnen. Eine endgültige Zahl lasse sich gegenwärtig noch nicht nennen, da sich aus den neuen Akten immer neue Anhörungswünsche ergäben. Bislang habe der Ausschuss 16 Sachverständige und 25 Zeugen in sieben Beweisaufnahmesitzungen gehört.
Die Zeit drängt
Allerdings stellte Marx auch klar, dass der Ausschuss keine eineinhalb Jahre mehr zum Arbeiten habe – auch wenn erst 2014 Landtagswahlen seien. Denn bis dahin müssten sowohl ein Zwischen- als auch ein Abschlussbericht erstellt werden und beides sei mit hohen formalen Anforderungen verbunden. Gegenwärtig werde daher bereits am Zwischenbericht, der im Januar vorliegen soll, gearbeitet. Ob es in der kommenden Legislaturperiode einen weiteren NSU-Untersuchungsausschuss geben wird, der bis dann nicht geklärte Fragen weiter aufarbeiten könnte, könne sie gegenwärtig nicht einschätzen, sagte sie.
Der Ausschuss war auf Beschluss aller fünf Fraktionen im Landtag ende Januar beschlossen worden. Er erhielt den Auftrag, die Arbeit der Ermittler und Ministerien sowie der mit den Sicherheitsbehörden zusammenarbeitenden Personen im Zusammenhang mit dem NSU und dem Thüringer Heimatschutz zu beleuchten. Überprüft werden sollen auch die Organisationsstruktur der Behörden und die Präventionsarbeit.
10.09.2012 Ta
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