Mannheim (dapd-bwb). Wegen der Tötung seiner schwer kranken Frau ist ein 82-Jähriger vom Mannheimer Landgericht zu einer Haftstrafe von zweieinhalb Jahren verurteilt worden. Der Rentner wurde des Totschlags für schuldig befunden. Er hatte im Prozess gestanden, seine Frau 2010 erwürgt zu haben. Damit wollte er sie nach eigener Aussage von ihren Leiden erlösen.
Mit dem Urteil blieben die Richter formal sogar über dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die zwar ebenfalls ein Strafmaß von zweieinhalb Jahren gefordert hatte, allerdings auf Totschlag in einem minder schweren Fall plädiert hatte.
Dem folgten die Richter nicht, da ihrer Meinung nach die Tat höchst brutal“ gewesen sei: „Sie haben das Leben Ihrer Frau mit eigenen Händen beendet und dafür gibt es keine Rechtfertigung“, sagte der Vorsitzende Richter Ulrich Meinerzhagen. Das gelte, obwohl der Angeklagte selbst durch den Tod seiner langjährigen Ehefrau „seinen Lebenssinn verloren hat“. Das Paar war 55 Jahre verheiratet.
Hilfsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft
Zwar erkannten die Richter an, dass der selbst schwer kranke Mann in großer Verzweiflung gehandelt hatte. Laut Gutachten leidet der Angeklagte an Depressionen, hirnorganischen Schäden sowie Symptomen der Alkoholabhängigkeit. Auf der anderen Seite aber habe der Angeklagte die Möglichkeiten professioneller Hilfe, etwa eine Kurzzeitpflege seiner Frau in einem Heim oder die Anwendung von Palliativmedizin, nicht ausgeschöpft.
Keinen Zweifel hatte die Kammer nach Angaben des Vorsitzenden Richters daran, dass der Angeklagte mit der Pflege der 75 Jahre alten Ehefrau stark überfordert war. Der Gesundheitszustand der Frau sei schlecht gewesen, nicht aber lebensbedrohend. Sie litt seit Mitte der 1980er Jahre unter schwerem allergischem Asthma sowie danach unter Problemen mit dem Magen, der Speiseröhre und schließlich unter einem Beckenringbruch, den sie sich bei einem Sturz kurz vor der Tat zugezogen hatte.
Sterben in Freiheit ermöglichen
Richter Meinerzhagen attestierte dem Angeklagten einen „geradlinigen Charakter“. Auch habe er bis zur Tat ein rechtschaffenes Leben geführt. Doch aufgrund seines Bemühens, lebenslang Haltung zu bewahren, habe er es nicht geschafft, die Überforderung durch die Pflege seiner schwer kranken Frau zu akzeptieren. Daher habe er sich tragischerweise nicht in dem Maß helfen lassen, wie es nötig gewesen wäre.
Ob der betagte Mann tatsächlich die volle Haftzeit absitzen muss, ist nach Angaben von Meinerzhagen fraglich. Nicht zuletzt wegen der Länge des Verfahrens und seines hohen Alters könne die Haftzeit des Angeklagten auf ein Jahr begrenzt werden.
Fraglich ist auch, ob der kranke 82-Jährige überhaupt haftfähig ist. Auch ein Gnadengesuch sei denkbar, hob Meinerzhagen hervor. „Es ist ein nachvollziehbarer Wunsch, in Freiheit zu sterben und nicht im Gefängnis“, sagte der Vorsitzende Richter mit Blick auf das hohe Alter des Angeklagten. Dessen Verteidiger hatte eine Bewährungsstrafe für den Mann gefordert und will nun in Revision gehen.
22.09.2012 Ta
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