«Das war nicht einvernehmlich!»

XY-Preis 2023 für Klara Cujé aus Aachen

XY-Preisträgerin Klara Cujé

Klara Cujé ist Hauswirtschafterin beim Bistum Aachen. Am 12. Oktober 2022 kommt die 62-Jährige früher als gewöhnlich zur Arbeit. Fensterreiniger haben sich angemeldet. Frühmorgens, gegen 5.30 Uhr, ermöglicht sie dem ersten Fensterputzer Zugang zu den Räumlichkeiten.

Als sie die weiteren Büros vorbereiten will, beobachtet sie zufällig durch eines der Fenster eine nicht alltägliche Situation auf dem Platz vor dem Gebäude: Ein Pärchen fühlt sich im morgendlichen Dunkel offenbar sicher beim Sex. Doch der erste Anschein täuscht. Während andere Beobachter auf das Treiben der Beiden belustigt reagieren, erfasst Frau Cujé den Ernst der Lage.

Obwohl die Frau auf dem Platz keine Gegenwehr leistet, nimmt Klara Cujé durch ihre sensible Beobachtungsgabe wahr, dass die sexuellen Handlungen nicht gerade einvernehmlich sind und sich die Frau offensichtlich in einer echten Notlage befindet. Das Opfer ist ganz offensichtlich starr vor Angst.

Klara Cujé alarmiert sofort die Polizei und lässt das ungleiche Paar nicht mehr aus den Augen. Sie rettet der Geschädigten damit womöglich nicht nur das Leben, sondern ermöglicht der Polizei auch die Festnahme eines – wie sich kurz darauf herausstellt – hochgradig gefährlichen Serienvergewaltigers. 

 

Begründung der Jury für die Preisverleihung an Klara Cujé:
«Dank ihrer außergewöhnlichen Aufmerksamkeit gelang es Frau Klara Cujé, eine misshandelte Frau aus der Gewalt eines gefährlichen Serientäters zu befreien. Klara Cujé zog die richtigen Schlüsse: Als sie Zeugin einer Vergewaltigung wurde, informierte sie umgehend die Polizei. Danach ließ sie Täter und Opfer nicht mehr aus den Augen, ohne dabei ihren Eigenschutz zu vernachlässigen. Frau Klara Cujé hat maßgeblich dazu beigetragen, dass möglicherweise ein Leben gerettet und ein gefährlicher Sexualstraftäter festgenommen werden konnte. Dadurch sind auch mögliche weitere Verbrechen verhindert worden. Für dieses mutige und umsichtige Handeln gebührt ihr der XY-Preis 2023 und unsere allerhöchste Anerkennung. 

 

Fragen an die Preisträgerin:

Wie haben Sie den Vorfall wahrgenommen? Was ging Ihnen durch den Kopf?
Man sieht ja viel morgens, aber als ich die Situation gesehen habe, wusste ich, dass die Frau Hilfe braucht. Ich habe nicht lange nachgedacht und die Polizei angerufen. Es war mir nämlich wichtig, dass die Situation durch die Polizei abgeklärt wird. Aber mir war auch sofort klar, dass sie Hilfe braucht. Wer weiß, was der sonst noch gemacht hätte.


Hatten Sie keine Angst vor dem Angreifer?

Ich bin auf sicheren Abstand geblieben. Mir war nur wichtig, dass geholfen wird. Ich bin dann hinterher, weil ich dachte, dass ich sie nicht aus den Augen verlieren kann.


Hatten Sie nach dem Vorfall Kontakt zu der Frau?

Der Anwalt der Frau hat mich kontaktiert und gefragt, ob sie sich bei mir melden darf, weil sie sich bedanken wollte. Bisher hat sie es nicht geschafft. Ich verstehe es, dass sie noch nicht die Kraft hatte, sich zu melden.


Wie denken Sie im Nachhinein über ihr Handeln? Würden Sie heute wieder so reagieren?

Jederzeit wieder. Wenn ich oder mein Kind in so einer Situation wäre, dann wäre ich auch froh, wenn jemand helfen würde. Ich würde jederzeit wieder so handeln, auch wenn ich seitdem Probleme mit Ängsten habe, wenn ich morgens unterwegs bin. 


Foto: Securitel / ZDF

23.11.23  wel