Wiesbaden (dapd). International vernetzte kriminelle Banden richten in Deutschland immer größeren volkswirtschaftlichen Schaden an. Nach Angaben des Bundeskriminalamtes (BKA) ist die durch Organisierte Kriminalität (OK) verursachte Schadenssumme innerhalb von drei Jahren bundesweit um mehr als das Zweifache gestiegen.
«OK-Gruppierungen verursachten 2010 einen Schaden von 1,65 Milliarden Euro, was eine Steigerung zum Vorjahr von mehr als 20 Prozent bedeutet», sagte BKA-Präsident Jörg Ziercke in Wiesbaden. Für 2008 hatten die Ermittler eine Schadenssumme von 691 Millionen Euro angegeben. Die Bedrohung durch die Organisierte Kriminalität sei in Deutschland weiterhin hoch, erklärte der BKA-Chef.
Zahl der Tatverdächtigen konstant
Nach BKA-Angaben wurden im vergangenen Jahr 606 Verfahren bearbeitet, 2009 waren es 579. Dies entspreche einem Anstieg von fast fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahr, geht aus dem veröffentlichten OK-Lagebild hervor. 318 Verfahren (2009: 305) seien neu eingeleitet worden, die anderen aus den Vorjahren fortgeführt. 2010 wurden mehr als 9.600 Tatverdächtige ermittelt. Damit blieb deren Gesamtzahl seit sechs Jahren nahezu konstant. Wie in den Vorjahren hätten deutsche und türkische Gruppen die Organisierte Kriminalität geprägt.
«Die OK-Gewinne bewegten sich mit 903 Millionen Euro auf dem Niveau des Vorjahres», sagte Ziercke. Die höchsten Erträge wurden demnach mit rund 400 Millionen Euro im Bereich der Wirtschaftskriminalität erzielt, gefolgt von Steuer- und Zolldelikten (190 Millionen Euro), dem Rauschgifthandel und -schmuggel (knapp 130 Millionen Euro) sowie der Umweltkriminalität (rund 75 Millionen Euro).
2010 wurden laut BKA in 92 Prozent aller OK-Verfahren Finanzermittlungen durchgeführt. In knapp 40 Prozent davon habe es Hinweise auf Geldwäsche gegeben. In knapp einem Drittel der Verfahren sei es gelungen, kriminell erlangtes Vermögen abzuschöpfen. Insgesamt konnten Vermögenswerte in Höhe von 171 Millionen Euro (2009: 113 Millionen Euro) vorläufig gesichert werden, wie es weiter hieß.
Jedes zehnte Verfahren gegen Rocker
Rund 3.500 Tatverdächtige (36,5 Prozent) waren den Angaben zufolge Deutsche. Bei den nichtdeutschen Gruppen stellten die Türken mit 996 Tatverdächtigen (2009: 855) die höchste Zahl, gefolgt von 340 (2009: 323) Italienern, 330 (2009: 253) Serben und 294 (2009: 297) Polen.
In 57 OK-Verfahren, fast jedem zehnten, sei gegen Rockergruppierungen direkt oder gegen OK-Gruppierungen mit Verbindungen zu dieser Szene ermittelt worden. «Kriminelle Rockergruppierungen und Organisierte Kriminalität sind zunehmend eng miteinander verbunden», sagte Ziercke. Er verwies auf die hohe Gewaltbereitschaft, insbesondere gegen Mitglieder rivalisierender Gangs. Die Ermittler gehen davon aus, dass diese Szene «auch künftig von brutalen gewalttätigen Konflikten bestimmt sein wird».
14.07.2011 dv