Mainz (dv). Ja, er hatte das Internet seines Arbeitgebers zu privaten Zwecken genutzt – das räumte vor dem Mainzer Landesarbeitsgerichts der 41-jährige Mitarbeiter eines Zeitungsverlags ein. Als er dann ausführte, wann, wie lange und zu welchen Zwecken er privat im Worldwide Web unterwegs gewesen war, kamen dem Richter Zweifel, ob das alles denn wirklich zu einer fristlosen Kündigung hätte führen müssen. Nein, lautete schlussendlich das Urteil.
Der 41-Jährige hatte unter anderem mehrfach im Internet seinen Kontostand bei einer Bank überprüft. Dies dürfte nach Ansicht des Gerichts aber immer nur wenige Sekunden gedauert haben. Bei diversen anderen Surfvorgängen könne nicht mehr nachvollzogen werden, ob sie privat oder dienstlich getätigt worden seien. Außerdem könnten die Vorgänge nicht immer eindeutig dem Gekündigten zugeordnet werden, weil teilweise auch mehrere Auszubildende an seinem Rechner arbeiteten.
Das Gericht entschied: Ein Mitarbeiter, der am Arbeitsplatz trotz ausdrücklichen Verbotes privat surft, kann nicht ohne Weiteres entlassen werden. Der Arbeitgeber muss nachweisen, dass der Angestellte durch sein Verhalten eine weit reichende Arbeitspflichtverletzung begehe. Dabei sei auch unerheblich, dass der betroffene Mitarbeiter eine Erklärung unterzeichnet hatte, die ihm die nicht-dienstliche Nutzung des Internets am Arbeitsplatz (dessen Net-Zugang kostenlos war) untersagte.
Das Gericht erklärte außerdem, der Arbeitgeber habe den Mitarbeiter im Zusammenhang mit den Surf-Vorwürfen vor der Kündigung nicht abgemahnt. Bei verhaltensbedingten Kündigungen dürfe der Arbeitgeber dies aber nur in ganz schweren Fällen unterlassen, und ein solcher habe nicht vorgelegen.
Kündigungsgründe ohne Wenn und Aber
Jetzt müssen sich also Chef und Mitarbeiter zusammen raufen. Hilfreich für den vor Gericht unterlegenen Arbeitgeber ist vielleicht eine Auflistung der drei wirklich schlimmen Verfehlungen am Bürocomputer – nach denen in der Regel jedes Gericht einer Kündigung zustimmt. Es handelt sich um:
– das Herunterladen einer erheblichen Menge von Daten aus dem Internet auf betriebliche Datensysteme, insbesondere wenn damit einerseits die Gefahr möglicher Vireninfizierung oder anderer Störungen des betrieblichen Computersystems verbunden sein können – oder andererseits Aktivitäten, die zu Rufschädigungen des Arbeitgebers führen können (strafbare oder pornografische Darstellungen)
– die private Nutzung des vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Internetanschlusses, wenn dem Arbeitgeber zusätzliche Kosten entstehen und der Arbeitnehmer die Betriebsmittel unberechtigterweise in Anspruch genommen hat
– die private Nutzung des Internets während der Arbeitszeit, wobei der Arbeitnehmer während des Surfens seine Arbeitsleistung nicht erbringt.
21.04.2010 dv