Kornwestheim (dapd/dv). Das richtige Licht zum richtigen Zeitpunkt – bei diesem Thema offenbaren sich im täglichen Straßenverkehr bei ungezählten Autofahrern unübersehbare Wissenslücken. Wie anders ist zu erklären, dass innerorts mit Nebelschlussleuchten der Hintermann getriezt oder bei einsetzender Dämmerung der Griff zum Lichtschalter verschlafen wird? Rechtsanwalt Michael Winter macht auf eine weitere Regel aufmerksam, die höchst lax befolgt wird. «Generell ist bei Sichtverhältnissen, die das Einschalten der Beleuchtung erfordern, auf Sicht zu fahren – man muss also innerhalb der übersehbaren Strecke im Falle eines Falles zum Halten kommen», mahnt der auf Verkehrsrecht spezialisierte Jurist aus Kornwestheim.
Was aber anscheinend wenige wissen: Auf schmalen Fahrbahnen muss man schon auf der Hälfte der übersehbaren Strecke anhalten können. «Hier ist auf halbe Sicht zu fahren», sagt Winter. Eine Ausnahme gelte auf Autobahnen. Wer dort mit Abblendlicht fahre, brauche seine Geschwindigkeit nicht der Reichweite des Abblendlichts anzupassen. Das gelte allerdings nur, wenn man die Schlussleuchten vorausfahrender Fahrzeug klar erkennen könne und einen ausreichenden Abstand halte.
Standlicht unterwegs geht gar nicht
Grundsätzlich, erläutert Winter, müssten die «Beleuchtungseinrichtungen» – wie es im Juristendeutsch heißt – eines Fahrzeugs bei Dämmerung, Dunkelheit oder Sichtverhältnissen, die es sonst erfordern, benutzt werden. Im Klartext: lieber eher als zu spät zum Lichtschalter greifen. «Mit Standlicht allein darf niemals gefahren werden», nennt der Rechtsanwalt eine weitere, oftmals vernachlässigte Regel.
«Ist eine Straße durchgehend und ausreichend beleuchtet, darf man auf ihr nicht mit Fernlicht fahren», sagt Winter. Komme ein Fahrzeug entgegen, müsse rechtzeitig abgeblendet werden. Dies gelte ebenfalls, wenn ein Fahrzeug mit geringem Abstand vor einem fahre oder wenn es sonst die Sicherheit des Verkehrs auf oder neben der Straße erfordere.
«Falls durch Nebel, Schneefall oder Regen die Sicht erheblich beeinträchtigt ist, ist am Tage zwingend Abblendlicht einzuschalten», erläutert Winter und fügt hinzu: «Nur bei derartigen Witterungsverhältnissen darf man Nebelscheinwerfer zusätzlich einschalten.» Benutzt man die Nebelscheinwerfer, genüge laut Straßenverkehrsordnung (StVO) statt des Abblendlichts die zusätzliche Benutzung des Standlichts. «So kann die Eigenblendung vermieden werden; man muss ausprobieren, welche Kombination die Fahrbedingungen erleichtert», rät er.
Thema Tagfahrleuchten
Winter verweist darauf, dass Nebelschlussleuchten ausschließlich bei Nebel benutzt werden dürfen und auch nur dann, wenn durch Nebel die Sichtweite weniger als 50 Meter beträgt. Das diktiere die StVO. «Die verbreitete Unsitte, bei Regen oder Schneefall die Nebelschlussleuchte einzuschalten, ist definitiv verboten», betont der Rechtsanwalt. Werde eine Nebelschlussleuchte bei unerheblicher Sichtbehinderung eingeschaltet oder bei Sichtweiten über 50 Meter, drohten 35 Euro Verwarnungsgeld.
Tiefer in die Tasche greifen müsse, wer bei Nebel das Abblendlicht außerhalb geschlossener Ortschaften nicht einschalte. 40 Euro seien die polizeiliche Quittung für solches Fehlverhalten sowie drei Punkte ins Flensburg.
Ein Kapitel für sich sind Tagfahrleuchten. Hierbei handelt es sich um eine Fahrzeugbeleuchtung, die tagsüber bei normalen Sichtverhältnissen eingesetzt werden darf. Spezielle Tagfahrleuchten müssen aber gemäß der technischen Vorschrift ECE-R 87 genehmigt sein und tragen die Buchstaben «RL» (Running Light) auf der Streuscheibe. Sie werden mit der Zündung gekoppelt und leuchten ohne Standlicht, Rücklicht oder andere Lichtquellen.
Beim Einschalten der Fahrzeugbeleuchtung (Abblendlicht) sollten Tagfahrlichter erlöschen oder gedimmt weiter leuchten. «Wer andere als die erlaubten Leuchten verwendet und da gibt ungezählte, vermeintlich günstige Angebote im Internet, handelt rechtswidrig», sagt Winter.
Foto: Olaf Schneider / pixelio.de
07.12.2010 dv