Gewalt in einer neuen Dimension

Köln (dpa). Als «Straftaten einer völlig neuen Dimension» hat Polizeipräsident Wolfgang Albers die vielfachen Übergriffe auf Frauen rund um den Kölner Hauptbahnhof in der Silvesternacht bezeichnet. «Es ist ein unerträglicher Zustand, dass mitten in der Stadt solche Straftaten begangen werden», erklärte er.

Bisher 60 Strafanzeigen
Albers zufolge hatten sich am Silvesterabend auf dem Bahnhofsvorplatz etwa 1.000 Männer versammelt, die «dem Aussehen nach aus dem arabischen oder nordafrikanischen Raum» stammen. Dies hätten alle Zeugen übereinstimmend ausgesagt. Aus der Menge hätten sich Gruppen von mehreren Männern gebildet, die Frauen umzingelt, bedrängt und ausgeraubt hätten.

Der Polizeipräsident sprach von Sexualdelikten in sehr massiver Form und einer Vergewaltigung. Ähnlich äußersten sich die Polizei und die Gewerkschaft der Polizei (GdP) zuvor in Pressemitteilungen. Der Polizei liegen bislang 60 Anzeigen vor, darunter auch Diebstähle von Taschen, Handys und Geldbörsen. Die Ermittler gehen von weiteren Opfern aus, die sich bisher noch nicht gemeldet haben. Für heute hat Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker ein Krisentreffen einberufen. 

Selbst Polizeibeamtin wurde Opfer
Die Polizei hat die Ansammlung auf dem Bahnhofsplatz in der Silvesternacht nach eigener Darstellung beobachtet und den Platz schließlich vorrübergehend räumen lassen, weil Böller in die Menge geworfen wurden. Der vielfache Missbrauch sei den Beamten zunächst nicht aufgefallen.

Die Kölner Polizei hat nach den Vorfällen eine Ermittlungsgruppe eingerichtet. Am Sonntag nahmen Polizisten in der Nähe des Kölner Hauptbahnhofs fünf Männer fest, die Frauen bedrängt und Reisende bestohlen haben sollen. Ob sie auch etwas mit den Taten in der Silvesternacht zu tun haben, ist nach Angaben der Ermittler noch unklar.

Die GdP reagierte entsetzt auf die Vorfälle. «Das ist eine völlig neue Dimension der Gewalt. So etwas kennen wir bisher nicht», sagte der NRW-Landesvorsitzende der GdP, Arnold Plickert. Die stark alkoholisierten Täter seien «völlig enthemmt und gewaltvoll» vorgegangen. «Ein Täter hat einer Zivilpolizistin in die Hose gefasst», berichtete Plickert. Bei den am Einsatz beteiligten Polizeibeamten herrsche «tiefe Betroffenheit».

Übergriffe auch in Hamburg
Inzwischen wird von ähnlichen Vorfällen in der Silvesternacht auch aus Hamburg berichtet. Die Polizei ermittelt dort wegen Übergriffen auf Frauen an der Reeperbahn. Sie liefen nach demselben Muster wie in Köln ab: Die Opfer seien jeweils von mehreren Männern  umringt und an der Brust oder im Intimbereich angefasst worden, teilte Polizeisprecher Holger Vehren mit. Zugleich hätten ihnen die Täter Handys, Papiere und Geld weggenommen.

Es gehe um neun Delikte im Bereich der sexuellen Beleidigung sowie Raub und räuberischer Diebstahl. Die Täter sollen zwischen 20 und 40 Jahre alt gewesen sein. Die Polizei sucht nun Zeugen. In der Tatzeit zwischen 1 Uhr und 3 Uhr am Neujahrsmorgen hätten die zahlreichen Feiernden auf der Reeperbahn bestimmt viele Fotos gemacht, zeigte sich Vehren optimistisch.

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05.01.2016 Ta