Gewalt-Tsunami

Wie wollen die Politiker die Polizisten schützen?

Berlin (dv). Nach dem jüngsten Sprengsatzanschlag auf Polizisten in Berlin befürchtet die Opposition überzogene Verschärfungen des Strafrechts. Politiker der SPD warnten die Koalition im Bundestag davor, die laufende Debatte zu instrumentalisieren, um härtere Strafen durchzusetzen.

Der Innenminister: Neue Gewalt-Qualität“
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sprach dagegen von einer «neuen Qualität» linksextremistischer Gewalt in Deutschland und kündigte gesetzliche Schritte an, um Polizisten besser vor Attacken zu schützen.

Am Wochenende hatten Unbekannte bei einer Demonstration gegen das Sparpaket der Bundesregierung in der Hauptstadt einen Sprengsatz auf die Polizei geworfen. Dabei wurden mehrere Polizisten verletzt, zwei von ihnen schwer. Nach den bisherigen Ermittlungen schreibt die Polizei die Tat der linksextremen Szene zu.

Der Gewerkschafter: „Der Mensch zählt nichts mehr“
Der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt, sprach von einer «Welle der Gewalt», die sich zu einem «Gewalt-Tsunami» aufbaue. Der Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberg, beklagte: «Der Mensch in der Polizeiuniform zählt nichts mehr.» Die Uniform werde vielmehr «zunehmend Zielscheibe der Geringschätzung und des Hasses».

De Maizière sagte, massive Angriffe auf Polizisten seien kein Einzelfall. Von sieben politisch links motivierten Tötungsversuchen im vergangenen Jahr hätten sich vier gegen Polizisten gerichtet. Von 849 Körperverletzungsdelikten aus der linken militanten Szene hätten 440 auf Polizeikräfte abgezielt. «Dieser Entwicklung müssen wir entgegentreten», sagte er. Dazu gehöre auch, den strafrechtlichen Schutz von Polizisten und Rettungskräften zu verbessern.

Der Verfassungsexperte: „Alarmierende Entwicklung“
Auch die Berliner CDU forderte, den Strafrahmen für gewalttätige Übergriffe auf Polizisten «signifikant  auszuweiten». Zudem sei eine «gesamtgesellschaftliche Ächtung» der verschiedenen Extremismusformen dringend erforderlich, sagte der Verfassungsexperte der Berliner CDU, Andreas Gram. Die Vorfälle hätten gezeigt, wie brutal und menschenverachtend Linksextreme vorgehen könnten. Diese Entwicklung sei «alarmierend».

Der Staatssekretär: „Nein zu höheren Strafen“
Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesjustizministerium, Max Stadler (FDP), sagte, an einer solchen Reform werde bereits gearbeitet. Strafverschärfungen darüber hinaus lehnte er jedoch ab. Für Körperverletzung, versuchten Mord oder versuchten Totschlag drohten bereits «sehr hohe Strafen».

Die Oppositions-Frau: „Polemik“
Die SPD-Abgeordnete Daniela Kolbe warf der Koalition «Aktionismus», «Polemik» und «Gleichmacherei» vor. Nicht jeder Steinewerfer sei ein Linksextremist. Auch «Law-and-Order-Gebrüll» helfe nicht weiter. Sie habe große Zweifel, ob schärfere Strafen abschreckend wirkten. Kolbe warnte die Koalition, die laufende Debatte für «Stimmungsmache» zu nutzen und zu «instrumentalisieren», um schärfere Gesetze durchzusetzen.

17.06.2010 dv