Wiesbaden (dapd). Über ein Jahr nach dem gewaltsamen Tod eines 18 Jahre alten Auszubildenden vor dem Wiesbadener Kulturzentrum Schlachthof hat das Landgericht Wiesbaden die zwei Täter zu langen Haftstrafen verurteilt. Ein 17-Jähriger wurde wegen Totschlags zu sechseinhalb Jahren Haft verurteilt, ein 32-Jähriger erhielt wegen Mordes lebenslänglich plus Sicherungsverwahrung.
Beide hatten am Abend des 19. November 2010 den jungen Mann totgetreten und vor Gericht Teilgeständnisse abgelegt. Das Opfer starb einen Tag nach der Bluttat im Krankenhaus an den Folgen eines Risses der Hirnschlagader. Das Opfer war der Ex-Freund der Freundin des damals 16-jährigen Täters. Der jugendliche Angreifer war überzeugt, seine Freundin sei in der vorangegangenen Beziehung misshandelt worden. Es kam zum Streit, das Opfer ging nach Tritten zu Boden.
Nett, aber gewaltbereit
Erst dann schaltete sich der ältere Täter ein, zu zweit schlugen und traten sie weiter auf den am Boden liegenden ein. «In der ‚Schlachthofszene‘ galt der damals 31-jährige als Vaterfigur», sagte die Vorsitzende Richterin Ingeborg Bäumer-Kurandt in der Urteilsbegründung. Der vorbestrafte Mann war im Verfahren von den jugendlichen Zeugen als «nett und umgänglich», aber auch als gewaltbereit beschrieben worden. Bäumer-Kurandt bescheinigte dem Mann «großes Imponiergehabe» und den Drang, sich einzumischen.
Bevor der Mann in den Streit eingriff, habe der nun verurteilte Jugendliche keine Tötungsabsicht gehabt, begründete die Richterin die Entscheidung des Gerichts, in seinem Fall nicht – wie angeklagt – auf Mord zu befinden. Bis zu seinem Haftantritt bleibt der 17-Jährige auf freiem Fuß. Anders als der Jugendliche kannte der erwachsene Täter sein Opfer nicht. Erst fünf Monate vor der Bluttat war der Mann nach Absitzen einer fast fünfjährigen Haftstrafe wegen Vergewaltigung und Körperverletzung aus dem Gefängnis entlassen worden.
«Leben sinnlos ausgelöscht»
Die Tat im November 2010 geschah auf einem Parkplatz zwischen dem Kulturzentrum und einem Supermarkt, wo sich viele Besucher des Schlachthofes mit Alkohol eindeckten.
«Ein junges Leben wurde sinnlos ausgelöscht», sagte die Vorsitzende und kritisierte scharf die Gleichgültigkeit und das Desinteresse der Zeugen. «Fast alle Jugendlichen änderten mehrfach ihre Aussagen und wollten zur Aufklärung des Geschehens nicht beitragen.» Auch habe sich zunächst keiner der Tatzeugen um den am Boden liegenden Jugendlichen gekümmert. Wider besseres Wissen hatten einige Zeugen gegenüber der Polizei zunächst einen «Südländer» der Tat beschuldigt. In Internetforen seien von Jugendlichen dann Kommentare «auf unterstem Niveau» nachzulesen gewesen, sagte die Vorsitzende.
Besonders für die Nebenkläger, der Stiefmutter und eines Onkels von Fabian, sei das kaum erträglich gewesen, befand Bäumer-Kurandt. «Von dem 32-Jährigen sind weiter erhebliche Straftaten zu erwarten», sagte die Richterin. Die verhängte Sicherungsverwahrung schließt eine vorzeitige Haftentlassung aus. Die Verteidiger der beiden Angeklagten erklärten in ihren Plädoyers im Dezember, aufgrund der Zeugenaussagen sei eine Tatbeteiligung weiterer Personen zu vermuten.
10.01.2012 dv