Im Gewalt-Rausch

Tilidin - "kriminelle" Karriere eines Schmerzmittels

 Berlin (dv) Tilidin ist ein Opioid und wichtiger Wirkstoff des Schmerzmittels Valoron. Tilidin hilft. Aber bei Missbrauch mutiert Tilidin zum Teufelszeug. Und Polizisten, die an der Front“ im Einsatz sind, müssen sich immer öfter mit den Auswirkungen von Tilidin herum schlagen. Es macht ungeheuer aggressiv. Wer’s genommen hat, fühlt sich unvervundbar, kennt keinen Schmerz – selbst Pfefferspray kann ihn nicht mehr stoppen. „In den letzten Wochen fällt uns bei Festnahmen fast immer eine Flasche Tilidin entgegen“, sagt ein für Serientäter zuständiger Kommissariatsleiter dem Berliner „Tagesspiegel“. „Die Leute denken überhaupt nicht mehr nach, was sie tun. Die haben auf einmal acht Arme.“

Von heute an ist es dann auch amtlich: Tilidin ist bei gewaltbereiten Verbrechern stark im Trend. Die Zahlen der Berliner Kriminalstatistik belegen das. Seit dem Vorjahr ist die Zunahme von Tilidin-„gedopten“ Tätern um 15 Prozent auf 536 Fälle gestiegen.

Noch wird der Stoff vornehmlich von muslimischen Jugendlichen genommen. Tilidin ist als Medikament und nicht als von der Religion verbotene Droge deklariert. 2008 hatte Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) gefordert, Tilidin unter das Betäubungsmittelgesetz zu stellen. Doch mit diesem Vorstoß ist Berlin im Bundesrat gescheitert.  „Wir sind nicht weiter gekommen“, erklärt die frustrierte Justizsenatorin, „wir behalten das aber im Auge.“

Währenddessen decken sich die Konsumenten in den Apotheken ein. Vor allem mit gefälschten und geklauten Rezepten (unlängst verschwanden in der Charité mehrere Blöcke mit 1000 Vordrucken). Die Gewinnspanne beim Tilidin-Dealen ist verlockend: In der Apotheke kostet die Flasche um die 30 Euro, auf dem Schwarzmarkt bringt sie das Fünf- bis Zehnfache.

Tödliche „tröppchen“
Käufer sind Kriminelle, die mit Randale und Situationen rechnen, in denen es gut „kommt“, wenn einer hart im Nehmen ist. Und auch bei den Drogenabhängigen kommt Tilidin immer mehr in Mode. „ffmgassenkoeter“ schreibt in www.land-der-traeume.de über seinen langen Marsch vom ersten Joint über alle Formen des Drogenmissbrauchs bis zum Regelkonsum von Tilidin: „bin nun schon über 4 jahre süchtig danach, hab seitdem keinen tag gehabt, an dem ich es auslassen konnte. einer der vielen ärzte wollte nun endlich mal eine blutuntersuchung machen, sonst hätte er mir meine tröppchen nicht gegeben, also ließ ich ihn machen. gestern bekam ich das ergebnis – meine leber ist kurz davor hart zu werden, also leberzhirrose, was dann das ende bedeutet! wie ich diesen schock überwunden hab? klar, mit tröppchen!“

Aber jetzt kann „ffmgassenkoeter“ nicht mehr anders. Die „tröppchen“ bringen ihn nicht mehr auf die Beine. Er, der stolz darauf war, nie eine Suchtklinik von innen gesehen zu haben, weist sich selber ein. „ärzte sind zum helfen da, nicht als bezugsquelle für unser unglück! melde mich wieder mit einem bericht über den entzug, ob ichs geschafft hab und wie es war! drückt mir die daumen.“

Soviel dazu, dass das tolle Tilidin „acht  Arme“ macht.

19.04.2010 dv