Aachen (dapd). Die Spur von Louise Kerton verliert sich am Aachener Hauptbahnhof. Am 30. Juli 2001 wollte die junge Frau von hier aus zurück in ihre Heimat, die englische Grafschaft Kent, fahren. Doch dort kam sie nie an.
Ihr Vater, Philip Kerton, geht seit Jahren davon aus, dass seine Tochter tot ist. Bis heute wirft er den deutschen Behörden zu zögerliche Ermittlungen vor. Was mit der angehenden Krankenschwester geschah, ist auch nach zehn Jahren immer noch ungeklärt.
Deutschland-Urlaub endet im Nichts
Damals hatte die 24-Jährige einen sechswöchigen Urlaub bei ihrem Verlobten in der Ortschaft Swisttal-Straßfeld (Rhein-Sieg-Kreis) verbracht. Von dort wurde sie von ihrer angehenden Schwiegermutter zum Aachener Hauptbahnhof gebracht. Kerton wollte um 12.04 Uhr den Schnellzug Nummer 420 auf Bahnsteig 8 nehmen. Ihre Schwiegermutter konnte sie nach eigenen Angaben nicht zum Bahnsteig begleiten, deshalb steht nicht fest, ob Kerton tatsächlich wie geplant den Zug nach Oostende bestiegen hat.
Der Aachener Staatsanwalt Jost Schützeberg sagt auf dapd-Anfrage, dass für seine Behörde der Fall Luise Kerton vorläufig abgeschlossen ist. «Wir können die Akte aber jederzeit wieder öffnen, sollten sich neue Ansätze ergeben», betont Schützeberg. Die bislang vorliegenden Spuren seien aber alle ausgewertet, neue Ansätze gebe es nicht.
Aussagen, die Kertons Vater mit Verbitterung erfüllen. Zehn Jahre nach dem Verschwinden seiner Tochter schilderte er vor Wochen in britischen Medien sein Unverständnis über die Arbeit der deutschen Ermittler. Viel zu lange sei die deutsche Polizei von einem gewöhnlichen Vermisstenfall ausgegangen, während die ebenfalls eingeschalteten Polizeibeamten an Kertons englischem Wohnort frühzeitig ein Verbrechen befürchteten.
Vermisste hatte persönliche Schwierigkeiten
Tatsächlich gab es für die deutsche Polizei Ermittler durchaus Anhaltspunkte dafür, dass die junge Frau freiwillig aus ihrem gewohnten Leben ausgebrochen ist und einen Neuanfang wagen wollte.
Die angehende Krankenschwester war bei einem Teil ihrer Abschlussprüfungen durchgefallen. Nach der Rückkehr nach England wollte sie deshalb mit ihren Ausbildern über den weiteren Berufsweg sprechen. Ihr Vater räumte damals ein, dass Louise wegen ihrem Scheitern bei den Prüfungen deprimiert war. Auch machte ihr der Tod einer Schulfreundin zu schaffen, die kurz zuvor in Japan ermordet worden war.
Doch nachdem über Monate jedes Lebenszeichen der Vermissten ausblieb, verdichteten sich auch für deutschen Ermittler die Anhaltspunkte für ein Verbrechen. Heute wird Louise Kerton beim Bundeskriminalamt (BKA) unter ungelöste Mordfälle geführt.
Ein Jahr nach dem Verschwinden von Louise veranlasste die Staatsanwaltschaft eine groß angelegte, aber ergebnislose Suche mit fast 200 Polizeibeamten in Kiesgruben rund um Swisttal-Straßfeld.
Zu spät, wie der Vater der Vermissten findet: «Zu diesem Zeitpunkt waren doch schon alle Spuren kalt.» Die Familie habe sich damals nicht vorstellen können, dass es zehn Jahre keine greifbaren Ermittlungsergebnisse geben würde. Auch forderten Kerton immer wieder, dass die Familie von Louises damaligen Verlobten intensiver befragt und ihre Wohnung in Swisttal untersucht wird.
Denn außer der Aussage der zukünftigen Schwiegermutter gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass Louise Swisttal jemals lebend verlassen hat. Die Polizei konnte keine Zeugen finden, die die beiden Frauen und ihr Auto mit dem auffälligen britischen Kennzeichen am 30. Juli 2001 am Aachener Hauptbahnhof gesehen haben.
Fotos: XY-Archiv
28.07.2011 dv / wel