Berlin (dpa). 68 Jahre nach dem Ende des Nazi-Terrors hat das Simon-Wiesenthal-Zentrum eine Plakatkampagne zur Suche nach den letzten überlebenden Nazi-Verbrechern in Deutschland gestartet. Unter dem Motto «Spät. Aber nicht zu spät! Operation Last Chance II» appellieren die Aufrufe seit gestern an die Bevölkerung: «Einige der Täter sind frei und am Leben! Helfen Sie uns, diese vor Gericht zu bringen.» Auf einer speziellen Homepage wird auf die Aktion hingewiesen. Überdies werden zwei Wochen lang 2.000 Plakate in Berlin, Hamburg und Köln aufgehängt.
Für sachdienliche Hinweise ist eine Belohnung von bis zu 25.000 Euro ausgesetzt. Das stieß auch auf Kritik. Der deutsch-israelische Historiker Michael Wolffsohn lehnt das «ausgeschriebene Kopfgeld» ab. Die Plakataktion rufe eher Mitleid mit den betagten Kriegsverbrechern hervor, sagte Wolffsohn dem Deutschlandradio Kultur. Wolffsohn nannte es absurd, die NS-Verbrechen mit Zahlen aufzuwiegen. «Ich finde es geradezu pietätlos und schamlos: 25.000 Euro für Schwerstverbrecher», kritisierte er. Viel wichtiger sei, dass eine intensive Aufarbeitung der NS-Verbrechen weitergehe.
Geänderte Rechtslage – neue Chancen
Der Initiator der Kampagne, Efraim Zuroff, begründete diese mit der inzwischen erleichterten Strafverfolgung von Nazi-Verbrechern in Deutschland. Mit der Verurteilung des früheren KZ-Wachmanns John Demjanjuk in München 2011 habe sich die Rechtslage geändert, sagte er zum Auftakt der Plakataktion in Berlin. Jetzt genüge der Nachweis, dass Menschen in Vernichtungslagern und mobilen Mordkommandos Dienst getan hätten. Vorher habe immer ein spezifisches Verbrechen an einem bestimmten Menschen nachgewiesen werden müssen.
Zuroff schätzt die Zahl der noch lebenden Nazi-Verbrecher in Deutschland auf 60 bis 120. Die Gesuchten dürften um die 90 Jahre oder noch älter sein. Ihr hohes Alter dürfe sie nicht davor schützen, für ihre Verbrechen zur Verantwortung gezogen zu werden. Sie hätten unschuldige Menschen ermordet. «Sie haben kein Mitleid mit den Opfern», sagte Zuroff. Das Wiesenthal-Zentrum könne als Nicht-Regierungs-Organisation niemanden anklagen und vor Gericht bringen. Es wolle nur den Regierungen helfen, die untergetauchten Täter zu finden.
Bild: Screenshot der Homepage
24.07.2013 Ta