Berlin/Osnabrück (dpa). Die Spur der Gewalt von Neonazis während der vergangenen 20 Jahre ist in Deutschland möglicherweise deutlich breiter als bekannt. Eine Überprüfung hunderter unaufgeklärter Verbrechen auf möglicherweise rechtsextreme Motive werde voraussichtlich im zweiten Quartal 2014 abgeschlossen, Ergebnisse lägen nächstes Jahr vor, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums in Berlin. «Im Moment sind das nur Anhaltspunkte.»
Nach einem Bericht der «Neuen Osnabrücker Zeitung» wurden zwischen 1990 und 2011 womöglich viel mehr schwere Verbrechen von Rechtsextremisten begangen als offiziell aufgeführt. Bei einer Überprüfung von 3.300 Tötungen und Tötungsversuchen ohne Verdächtige hätten Bundeskriminalamt und Landespolizeibehörden in 746 Fällen aus dieser Zeit Anhaltspunkte «für eine mögliche politische rechte Tatmotivation» entdeckt, schrieb das Blatt unter Berufung auf einen Sprecher des Bundesinnenministeriums.
Keine voreiligen Schlüsse ziehen
Die Überprüfung ist nach Bekanntwerden der Mordserie der Neonazi-Terrorzelle «Nationalsozialistischer Untergrund» (NSU) in die Wege geleitet worden. Die bisherige Statistik der Bundesregierung nennt knapp 60 Morde mit rechtsextremem Hintergrund. An dieser Zahl ist in den vergangenen Jahren immer wieder Kritik laut geworden.
Die Anhaltspunkte für rechtsextreme Tatmotive bedeuteten «noch nicht, dass es sich dabei tatsächlich um rechtsextrem motivierte Straftaten handelt», die Prüfung dauere an, betonte der Ministeriumssprecher. Zu möglichen Konsequenzen sagte er: «Warten wir doch erst mal ab, in wievielen Fällen sich das verifiziert.»
05.12.2013 Ta