Dresden (dapd-lsc). Sachsens Landespolizeipräsident Bernd Merbitz muss sein Amt räumen und wird in die zweite Reihe versetzt. Er leitet ab Oktober die Polizeidirektion Leipzig, wie das Innenministerium am Freitag bekanntgab. Ein Sprecher sagte, dass die fünfjährige Amtszeit nicht verlängert werde. Neben der Direktion soll Merbitz zusätzlich die landesweite polizeiliche Bekämpfung des Rechtsextremismus verantworten.
Dafür ist eine neue Zentralstelle vorgesehen. Gewerkschaften und Opposition äußerten Bedauern und Kritik. Merbitz folgt in Leipzig Horst Wawrzynski ins Amt. Dieser geht in den Ruhestand und will als CDU-Kandidat bei der Leipziger Oberbürgermeisterwahl antreten. Der Noch-Landespolizeipräsident gilt als populär und liebt bei öffentlichen Auftritten starke Worte.
Kein gutes Verhältnis zum Minister
Durch sein resolutes Auftreten gegen Neonazis hat er sich auch über den Freistaat hinaus einen Namen gemacht. Für sein Engagement gegen Fremdenfeindlichkeit zeichnete ihn der Zentralrat der Juden 2009 mit dem Paul-Spiegel-Preis aus. Allerdings galt das Verhältnis zu Innenminister Markus Ulbig (CDU) als belastet. So soll es Streit über die forschen und öffentlichkeitswirksamen Auftritte des Landespolizeipräsidenten gegeben haben.
Der oberste sächsische Polizist sah sich auch mit Vorwürfen des Innenministeriums konfrontiert, Dienstfahrten nicht korrekt abgerechnet zu haben. Er bestritt dies vehement. Die Staatsanwaltschaft stellte die Ermittlungen ein, weil es keinen hinreichenden Tatverdacht gab. Zudem hatte sich Merbitz kritisch zur Polizeireform geäußert.
Auf anderen Posten weggelobt“?
Das Innenministerium bemühte sich am Freitag sichtlich, die Versetzung nicht als Zurückstufung erscheinen zu lassen. Innenminister Ulbig hob die Verdienste des Polizeipräsidenten bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus hervor. Er verfüge darin über „exzellente operative Kenntnisse“. „Wir sagen gemeinsam den Rechtsextremisten und neuen Nazis in unserem Land konsequent den Kampf an“, sagte Ulbig.
Merbitz werde diesen Schwerpunkt künftig leiten. Zudem übernehme er mit der Polizeidirektion Leipzig eine der wichtigsten Großstadtdirektionen mit besonders hoher Kriminalitätsbelastung. Die Direktion brauche „einen echten Praktiker“, betonte der Minister. Ulbig und Merbitz wollen die neue Struktur bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus Ende Oktober vorstellen.
Breite Kritik-Front
Die Gewerkschaft der Polizei in Sachsen (GdP) bedauerte die Versetzung. Merbitz habe sich immer für die Belange der Beamten eingesetzt, sagte GdP-Landeschef Hagen Husgen der Nachrichtenagentur dapd. „Er weiß, wo es hakt und hat das auch immer deutlich gemacht“. Die Sicherheitsexpertin der SPD-Landtagsfraktion, Sabine Friedel, sprach von einem weiteren „Schritt zum Niedergang der sächsischen Polizei“.
Der sächsische Generalsekretär der SPD, Dirk Panter, vermutet ein wahltaktisches Manöver. Der CDU-Kandidat bei der Leipziger Oberbürgermeisterwahl, Horst Wawrzynski, bekomme mit dem CDU-Mitglied Merbitz Verstärkung. Die Linksfraktion kritisierte die Versetzung als nicht nachvollziehbar.
Offenbar sei Innenminister Ulbig zu schwach für einen starken Landespolizeipräsidenten, sagte der innenpolitische Sprecher der Fraktion, André Hahn. Seine Kollegin von der Grünen-Fraktion, Eva Jähnigen, forderte eine Neuausrichtung der Polizei. Bürgerrechte und Bürgernähe müssten größeren Stellenwert erhalten.
Noch kein Nachfolger in Sicht
Nach Angaben des Innenministeriums soll die Stelle des Landespolizeipräsidenten mit einem Juristen besetzt werden. Eine Entscheidung gebe es dazu noch nicht, sagte der Sprecher des Innenministeriums. Es werde eine externe Besetzung angestrebt.
Der gebürtige Thüringer Merbitz gehört dem Landesvorstand der CDU an. Zu DDR-Zeiten war er Mitglied der SED. Er baute in den 90er Jahren die Sonderkommission Rechtsextremismus (Soko Rex) mit auf. Im September 2007 wurde er zum Landespolizeipräsidenten ernannt.
22.09.2012 Ta
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