Sie beobachten eine Gewalttat und eilen dem Opfer zu Hilfe. Leider kann das couragierte und umsichtige Eingreifen, um einem anderen Menschen in einer Notsituation beiseite zu stehen, Sie selbst zum Opfer machen. Sie können verletzt werden und im schlimmsten Fall schwere und bleibende Schäden für Leib und Seele erleiden. Was dann?
Starke Rechte für Opfer
In den vergangenen Jahren ist Opferschutz mehr und mehr in das Bewusstsein der Öffentlichkeit geraten. Auch der Gesetzgeber und die Justiz versuchen, diesem Bewusstsein gerecht zu werden. Aber: Das Opferschutzgesetz ist kein Gesetz im eigentlichen Sinne, sondern es besteht aus einzelnen Vorschriften der Strafprozessordnung (StPO), die die Rechte der Opfer im Strafverfahren stärken.
Wer ist Opfer?
Opfer ist, wer durch eine Tat eines oder mehrerer Täter unmittelbar oder mittelbar, physisch, psychisch und/oder materiell geschädigt wurde. Opfer können somit Geschädigte, Angehörige von Geschädigten und Tatzeugen sein.
Lückenlose Dokumentation
Wenn Sie durch eine Gewalttat verletzt wurden, gehen Sie sofort zum Hausarzt, einem Facharzt oder ins Krankenhaus und lassen Sie sich behandeln. Dort werden Ihre Verletzungen auch dokumentiert. Das ist im anstehenden Gerichtsverfahren wichtig, um Ihre Forderungen durchzusetzen. Hilfreich ist auch eine Anzeige bei der Polizei, um die eigenen Ansprüche glaubhaft vertreten zu können.
Konfrontation vermeidbar – Die Videovernehmung
In einem Ermittlungsverfahren sind Sie als Opfer immer zugleich auch Zeuge, so genannter „Opferzeuge“. Zu Ihrer Betreuung stehen weitreichende Möglichkeiten zur Verfügung. Um Ihnen eine erneute, psychisch stark belastende Konfrontation mit dem Täter zu ersparen, kann die Vernehmung auf Video aufgezeichnet werden. Diese wird dann später im Gericht abgespielt. In besonderen Fällen kann auch die Öffentlichkeit vom Prozess ausgeschlossen werden.
Ihr Anspruch auf Schadensersatz
Der Täter ist gesetzlich verpflichtet, dem Opfer den Schaden zu ersetzen. Dazu gehören Schmerzensgeld, entgangener Lohn, andere Vermögensschäden und auch Krankenhauskosten. Damit Sie hier zu Ihrem Recht kommen, müssen Sie in der Regel eine Zivilklage führen, die grundsätzlich auf eigene Kosten und eigenes Risiko getragen werden muss.
Das Adhäsionsverfahren
Im so genannten Adhäsionsverfahren kann das Gericht bereits im Zuge des Strafverfahrens gegen den oder die Täter über Ihren Anspruch und die Höhe von Schadensersatz und Schmerzensgeld entscheiden.
Ihre Privatklage vor einem Strafgericht
Die Privatklage vor einem Strafgericht darf nicht mit der Schadensersatzklage vor einem Zivilgericht verwechselt werden. Während Sie mit einer Zivilklage erreichen können, dass Ihnen Schadensersatz oder Schmerzensgeld zugesprochen wird, erstreben Sie als Privatkläger die Bestrafung des Täters.
Unbekannt, aber sehr nützlich: Opferanwälte
Bei schweren Straftaten gegen höchstpersönliche Rechtsgüter, zum Beispiel bei einer Vergewaltigung, kann ein Opferanwalt hinzugezogen werden. Dies ist völlig unabhängig von der finanziellen Lage des Opfers. Die Kosten eines Opferanwalts übernimmt das Gericht. Der Opferanwalt ist nicht nur Rechtsbeistand. Er leistet auch menschlichen Beistand, begleitet zum Beispiel zu Gerichtsterminen, kann bereits im Ermittlungsverfahren Akteneinsicht erhalten oder Beweisstücke besichtigen.
Unterstützung durch Opferschutzorganisationen
Kriminalitätsopfer, die direkt oder indirekt von einer vorsätzlichen Straftat betroffen sind, können sich an Opferschutzorganisationen wie „WEISSER RING e.V.“ wenden. Hier gibt es schnelle und unbürokratische sowie emotionale wie auch finanzielle Hilfestellung.