Berlin (dpa) – Das frühere Rittergut im Erzgebirgs-Dorf Großrückerswalde ist ständig ausgebucht. Dort befindet sich eine Entzugsklinik, die Jugendliche von den Drogen wegbringen will – wie zum Beispiel Walter. Der damals 18-Jährige verbrachte Anfang des Jahres einige Wochen in der Einrichtung. Der Blondschopf, der seinen wirklichen Namen nicht verraten wollte, hatte mit 16 Jahren zum ersten Mal Crystal Meth genommen. Und er spürte rasch die verheerenden Folgen: «Ich litt an Verfolgungswahn, Depressionen, dachte an Selbstmord und wog nur noch 40 Kilo.
Walter ist kein Einzelfall. Nach den Zahlen, die die Bundesdrogenbeauftragte Marlene Mortler am Donnerstag in Berlin vorgestellt hat, sind die Zuwachsraten bei Ecstasy zwar größer – doch wegen der massiven Gesundheitsschäden beim Konsum von Crystal Meth steht die neue, schnell abhängig machende Modedroge besonders im Fokus. Anfangs sind die Betroffenen zwar voller Energie, doch schon bald fühlen sie sich ausgelaugt, werden von Psychosen geplagt und leiden unter körperlichem Verfall.
Risiko interessiert offenbar nicht
Bislang lassen sich die Konsumenten nicht von den Risiken abschrecken. Das dürfte vor allem daran liegen, dass die euphorisierende Droge leicht verfügbar und relativ preiswert ist. Auf sogenannten Asia-Märkten in Tschechien soll ein Gramm mitunter weniger als 20 Euro kosten.
In der Tschechischen Republik ist der Grundstoff Ephedrin vergleichsweise einfach zu beschaffen. Und weil Crystal Meth deshalb meist aus tschechischen Labors kommt, ist die Droge in den benachbarten Bundesländern Sachsen und Bayern besonders weit verbreitet. «Crystal ist seit einigen Jahren das Problem Nummer eins bei den illegalen Drogen in Sachsen», heißt es bei der dortigen Landesstelle gegen die Suchtgefahren. Das Hamburger Zentrum für Interdisziplinäre Suchtforschung hatte kürzlich ermittelt, dass sich in den grenznahen Suchtberatungsstellen bereits jeder dritte Fall um Crystal Meth dreht.
Zuwachsraten stagnieren
Allein im vergangenen Jahr stellte die deutsche Polizei 77 Kilogramm Crystal sicher – mehr als jemals zuvor. Die Zuwachsraten stagnieren allerdings: Nachdem die Ermittler im Jahr 2012 noch ein Plus von 88 Prozent registriert hatten, waren es diesmal nur noch rund 3 Prozent mehr als im Vorjahr.
Um den Drogenumschlag an der deutsch-tschechischen Grenze einzudämmen, war die Bundesdrogenbeauftragte Mortler erst vor wenigen Tagen in Prag bei ihrem Amtskollegen Jindrich Voboril. Doch durch die offenen EU-Grenzen ist der Drogenschmuggel schwer in den Griff zu bekommen. Und auch die Produktion von Crystal Meth lässt sich kaum unterbinden, wie Voboril bei Mortlers Besuch einräumen musste: «Die Herstellung ist leider einfach, das findet man im Internet.» Entsprechend groß ist die Gewinnspanne der Händler – trotz der relativ niedrigen Verkaufspreise.
Wieder mehr Drogentote
Dass es in Deutschland nach der neuesten Statistik erstmals seit Jahren wieder mehr Drogentote gibt, hat allerdings nichts mit Crystal Meth zu tun: Die 1.002 Menschen, die im vergangenen Jahr an den Folgen des Drogenkonsums starben, hatten fast ausschließlich Opiate wie Heroin sowie Kokain oder Crack genommen. Ob die jüngste Crystal-Meth-Schwemme langfristig auch die Zahl der Drogentoten nach oben treibt, werden erst die kommenden Jahre zeigen.
Foto: Faces of Meth
18.04.2014 wel