Erfurt (dpa/th). Zwei Versandhändler aus Südthüringen sollen den Verkauf von Schulbüchern mit als Spenden deklariertem Schmiergeld unzulässig angekurbelt haben. Einen entsprechenden Bericht des MDR bestätigte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Erfurt, Hannes Grünseisen: «Wir ermitteln gegen zwei Beschuldigte wegen des Anfangsverdachts der Bestechung.» Es gehe um etwa 100.000 Euro. Laut MDR-Recherchen ist das Geld an mehr als 400 Schulen und Fördervereine geflossen. Im Gegenzug hätten diese Eltern veranlasst, Schulbücher für ihre Kinder bei den beiden Händlern zu bestellen.
Bereits im Mai hätten Staatsanwälte und LKA-Mitarbeiter die Firmenräume durchsucht. Das System war demnach einfach: Schulen und Fördervereine gaben Bücherbestellscheine zum Ausfüllen an die Eltern, anschließend wurde die Bestellung gesammelt abgegeben. Je nach Höhe des Umsatzes hätten die Firmeninhaber dann Spenden an die Schulen und Vereine überwiesen. Die Staatsanwaltschaft stuft diese Spenden nach Angaben Grünseisens als Schmiergeld ein. Auf die Spur gekommen seien die Ermittler den Firmen, die auch Onlineshops betreiben, durch den Hinweis eines Buchhändlers aus Friedrichroda. Noch stehe das komplexe Ermittlungsverfahren ganz am Anfang. Den Recherchen des Senders zufolge ist diese Art von Schulbuchbestellungen bei den 400 betroffenen Schulen und Fördervereinen seit Jahren gängige Praxis.
Frühzeitige Hinweise nicht Ernst genommen?
Das Bildungsministerium zeigte sich davon überrascht. Zwar habe man vor zwei Jahren von einem Buchhändler einen Hinweis auf die Bestellzettel erhalten, sagte ein Ministeriumssprecher dem MDR. Dabei sei es aber um Werbung gegangen. Von Zahlungen der Firma habe man keine Kenntnis gehabt. Der tippgebende Buchhändler widersprach dieser Darstellung. In mehreren Schreiben habe er im Frühjahr 2012 das Bildungsministerium über die Kooperation zwischen Schulen, Fördervereinen und zwei Versandhändlern informiert, sagte er dem Sender. In einem persönlichen Brief an Kultusminister Christoph Matschie (SPD) habe er auch darauf hingewiesen, das es sich um «potentielles Schmiergeld» handeln könne. Ein Ministerialbeamter habe ihm damals geantwortet, dass man auf die «Spendenangelegenheit» keinen Einfluss nehmen könne.
Möglicherweise könnten auch Schulleiter und Lehrer für diese Art der Schulbuchbestellung belangt werden. Die Einleitung entsprechender Ermittlungsverfahren werde aber erst noch geprüft, sagte Grünseisen. Die beiden Versandhändler wollten sich auf Anfrage des MDR nicht zu den Vorwürfen äußern.
09.06.2014 Ta