Hamburg (dapd). Die Mutter der völlig abgemagert im Säuglingsalter gestorbenen Lara Mia muss für drei Jahre in Haft. Das Hamburger Landgericht verurteilte die Frau nach Jugendrecht unter anderem wegen versuchten Totschlags durch Unterlassen.
Das Gericht blieb mit dem Strafmaß unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, die für eine vierjährige Jugendstrafe plädiert hatte. Der Verteidiger der Angeklagten hatte eine Verurteilung wegen Körperverletzung angestrebt. Der Rechtsanwalt ließ nach dem Urteil offen, ob er für seine Mandantin einen Revisionsantrag stellen werde.
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Mutter den Tod des chronisch unterernährten Kindes zumindest in Kauf genommen habe. Selbst einer Nachbarin sei die Mangelernährung bei einem Besuch aufgefallen. Der Verurteilten habe über einen längeren Zeitraum hinweg klar sein müssen, dass Lara Mia ohne ärztliche Hilfe sterben könnte. Da die Todesursache des Kindes nicht eindeutig feststellbar sei, könne nur der Versuch des Totschlags durch Unterlassen bestraft werden, sagte die Vorsitzende Richterin in der Urteilsbegründung.
Das Verfahren gegen die Mutter des bereits 2009 verstorbenen Säuglings musste neu aufgerollt werden. Der Bundesgerichtshof hatte dem Revisionsantrag der Staatsanwaltschaft stattgegeben. In einem ersten Prozess war die Angeklagte im Juli 2010 wegen Körperverletzung zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden.
Notruf – nach dem Tod des Kindes
Anders als im damaligen Schuldspruch ist in dem neuerlichen Verfahren der von der Mutter und ihrem damaligen Freund abgesetzte Notruf nicht mehr strafmildernd bewertet worden. Das Kind sei bereits mehrere Stunden tot gewesen, als die Eltern die Feuerwehr gerufen hätten. Der Notruf war 2010 als «Rücktritt vom Tötungsversuch» gewertet worden. Aus diesem Grund war die Mutter im ersten Verfahren nur wegen Körperverletzung, nicht aber wegen Totschlags verurteilt worden. Unter anderem diese Einschätzung hatte der Bundesgerichtshof bemängelt.
Die Angeklagte wirkte im Gerichtssaal gefasst und sah die Vorsitzende Richterin bei den persönlich an sie gerichteten Worten aufmerksam an. Anders als noch beim Verlesen der Plädoyers verbarg sie ihr Gesicht nicht hinter ihren langen Haaren, sondern trug die Frisur hochgesteckt. Die Richterin sagte, die Angeklagte habe ehrliche Reue gezeigt. Eine Psychotherapie während und nach der Haft sei nötig, um die Angeklagte bei der Entwicklung ihrer Persönlichkeit zu unterstützen.
11.11.2011 dv