Erfurt (dapd-lth). Thüringens Innenminister Jörg Geibert (CDU) gerät nach neuerlichen Berichten über zweifelhafte Vorgänge beim Landesverfassungsschutz im Zusammenhang mit dem Zwickauer Neonazi-Trio unter Druck. Die SPD forderte am Montag eine umfassende Aufklärung der damaligen Arbeit der Thüringer Sicherheitsbehörden und eine grundlegende Reform des Landesamtes. Vize-Regierungschef Christoph Matschie (SPD) sagte: Im Lichte der neuen Enthüllungen erwarte ich einen Bericht in der Kabinettssitzung“ am Dienstag. Geibert solle aufklären, „was tatsächlich passiert ist und wie Innenministerium und Verfassungsschutz nun damit umgehen“.
SPD-Fraktionschef Uwe Höhn kritisierte, dass eine umfassende Aufklärung, wie von Geibert angekündigt, anders aussehe als das, was derzeit geschehe. Nun müsse alles auf den Tisch. „Sollte sich bewahrheiten, dass die sogenannte Zwickauer Terrorzelle oder ihre Unterstützer ihre Aktivitäten zum Teil auch durch Gelder des Staates finanzieren konnten, ist das gesamte System des Verfassungsschutzes in Frage zu stellen“, sagte Höhn.
Zwtl.: Ultimatum dementiert
Staatskanzlei und Innenministerium dementierten Berichte, denen zufolge Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) Geibert aufgefordert habe, innerhalb der nächsten 48 Stunden Bericht zu erstatten. Weiter hatte es geheißen, dass die Regierungschefin wissen wolle, ob der Verfassungsschutz das Thüringer Neonazi-Trio mit Geld unterstützt und weshalb die Parlamentarische Kontrollkommission von den konkreten Vorgängen keine Kenntnis habe.
Ein Sprecher des Innenministeriums sagte lediglich, dass Geibert wie alle Minister in ständigem Kontakt mit Lieberknecht stehe. Geibert werde am Dienstag im Kabinett berichten. Dies sei weder ein Rapport, noch gebe es eine Frist.
Am Wochenende hatte der Thüringer Verfassungsschutz eingeräumt, dass Ende der 1990er Jahre Staatsgeld an das Neonazi-Trio gezahlt werden sollte.
Unterdessen berichtete die „Berliner Zeitung“, dass der Verfassungsschutz des Freistaates nach dem Abtauchen des Zwickauer Neonazi-Trios im Februar 1998 die Fahndung der Polizei sabotiert habe. Unter Berufung auf Sicherheitskreise hieß es, die Behörde habe den Thüringer Neonazi-Anführer Tino Brandt über die gegen ihn gerichteten Observationen der Polizei auf dem Laufenden gehalten. Brandt war damals als V-Mann „Otto“ für den Verfassungsschutz tätig.
Die Behörde teilte daraufhin mit, dass sich „keinerlei Anhalte recherchieren“ ließen, „die derartige Behauptungen auch nur ansatzweise erhärten könnten“.
20.12.2011 Ta
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