Hohenmölsen (dapd-lsa). Das bunte Band zieht sich lang und länger. Die kleine Kirche St. Peter haben die Bürger von Hohenmölsen schon zweimal mit dem Stoffstreifen umspannt, den sie aus vielen farbigen Tüchern geknüpft haben. Nun führen sie ihn weiter, über Astgabeln und Straßenlaternen, und vorbei an einer Hausmauer, auf der ein großes Transparent aufgespannt ist. Nazis – nein danke!“, steht darauf. Das Banner hängt am Fußweg zum Bürgerhaus, in dem an diesem Samstag die NPD einen außerordentlichen Bundesparteitag abhält.
Bis zuletzt hatte die Stadt versucht, sich auf juristischem Weg gegen den Parteitag zu wehren, auf dem die rechtsextreme Partei den Weg für ihre Fusion mit der DVU bereiten wollte. Der Verweis auf das Hausrecht hatte allerdings vor Gericht keinen Bestand. Die NPD sei keine verbotene Partei, hieß es zur Begründung. Die Stadt hat das akzeptieren müssen – und sich auf den Protest konzentriert. Binnen zehn Tagen hat ein von beiden Kirchen geführtes Bündnis aus Vereinen, Parteien und Gewerkschaften die Vorbereitungen dafür getroffen und ein Bürgerfest unter dem Motto „Bunte Sta(d)tt Braune“ organisiert.
Hunderte Bürger unterzeichnen Erklärung
Bereits Stunden, bevor die 380 Delegierten der NPD das von der Polizei abgeriegelte Bürgerhaus betraten, versammelten sich Bürger auf dem knapp zehn Gehminuten entfernten Markt. Man wolle zeigen, dass „auch wir in der Kleinstadt den Mut haben zu widersprechen und das nicht schweigend hinzunehmen“, sagt Pfarrer Wisch, ein Sprecher des Bündnisses. Dieses hat aufgerufen, die bunten Tücher mitzubringen, aus denen später das lange Band geknüpft werden sollte. Das Bündnis hat auch eine „Hohenmölsener Erklärung“ vorbereitet, in der die Ideologie der rechtsextremen NPD scharf verurteilt wird. Um sie zu unterzeichnen, stehen viele Bürger in strömendem Regen vor dem Rathaus an. Rund 500 Menschen sind im Laufe des Vormittags gekommen.
Denjenigen, die sich auf dem Markt eingefunden haben, stärkt derweil Ministerpräsident Wolfgang Böhmer den Rücken. Die Menschen in Hohenmölsen wollten sichtbar machen, in welche Ecke sie sich nicht drängen ließen, sagte Sachsen-Anhalts Regierungschef als erster Redner beim Bürgerfest und betonte, die Landesregierung und alle im Landtag vertretenen Parteien stünden zu ihnen. Nachdrücklich warnte Böhmer vor der NPD und ihrer Ideologie. „Sie will nicht die bunte Mehrparteien-Demokratie, sondern eine braune Einparteien-Diktatur.“ Das Programm der NPD weise viele Parallelen zu dem der Nazis auf.
NPD will ins Magdeburger Parlament
Böhmer und weitere Landespolitiker, die nach ihm sprachen, wird das Thema in den kommenden Monaten noch intensiv beschäftigen: Die NPD veranstaltete ihren Bundesparteitag nicht zuletzt deshalb in Sachsen-Anhalt, weil sie hofft, dort bei der Landtagswahl im März zum dritten Mal nach Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern in einen Landtag einziehen zu können. Man werde Personal, Finanzen und Material auf Sachsen-Anhalt konzentrieren, kündigte der Bundesvorsitzende Udo Voigt am Rande des Parteitags an. Die Abstimmung sei für die NPD die wichtigste Wahl 2011. Helfen soll auch die geplante Fusion mit der rechten DVU.
Foto: Oliver Christ / pixelio.de
07.11.2010 dv
„